Emotional beeindruckender Gottesdienst zum Volkstrauertag in Semd

Aus dem Odenwälder-Bote am 21.11.2014 - Bild und Text: Johmann
Am Sonntag fanden überall in Deutschland Gottesdienste zum Volkstrauertag 2014 statt. Der erste Volkstrauertag wurde am 26. Februar 1926 abgehalten, im Gedenken an die im Ersten Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten. 1934 erhielt er im Zuge der nationalsozialistischen Diktatur die Bezeichnung Heldengedenktag. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde fortan alljährlich wieder dieser Tag als Volkstrauertag begangen.

Auch in der Kirche in Semd war aus diesem Anlass zum Gottesdienst eingeladen. Gestaltet wurde er zusammen mit Pastorin Bettina von Bremen sowie den Konfirmanden aus Semd und Groß-Umstadt.

Die Konfirmanden hatten sich etwas ganz besonderes einfallen lassen. Sie meldeten sich als fiktives ZDF-Fernsehteam direkt aus dem Semder Gotteshaus und berichteten „Live“ vom Gottesdienst aus Semd. Das war schon sehr beeindruckend.

Ebenso beeindruckend war die Schilderung zweier Konfirmandinnen welche Anna Seibert besucht hatten, die im Januar nächsten Jahres in Semd ihren 96. Geburtstag feiern kann. Sie erzählte als Zeitzeugin den beiden Konfirmandinnen ihre Geschichte, die stellvertretend für viele Frauen steht, die durch den Krieg ein schweres Schicksal erleiden mussten.

Im Jahre 1933 wurde Anna Seibert konfirmiert und es war eine Zeit in der es Deutschland nicht gut ging. Als Hitler an die Macht kam dachten viele jetzt wird alles besser. Im Alter von 19 Jahren heiratete sie und lebte zunächst mit ihrem Mann in einem kleinen Dorf im Westerwald. Das erste Kind des Ehepaars kam 1937 zur Welt. Im Jahre 1939 brach der Zweite Weltkrieg aus. Im Januar 1942 wurde der Ehemann als Soldat zur Wehrmacht eingezogen. Anna Seibert war damals 23 Jahre und schwanger. Trotzdem hieß es nun Abschied nehmen, denn der Ehemann musste am Russlandfeldzug teilnehmen. Am 22. Mai 1942 zerbarst im Haus eine Scheibe. Zur gleichen Zeit, wie sie danach erfuhr, starb ihr Mann in Russland. Das zeige, so die beiden Sprecherinnen, welche starke Verbindung die beiden Eheleute hatten. Am 22. Oktober 1942 kam das zweite Kind zur Welt. Ein weiterer schwerer Schicksalsschlag war der Tod ihres Bruders der 1943 ebenfalls im Krieg sein Leben lassen musste. Noch heute kommen ihr die Tränen, wenn sie an diese schlimmste Zeit ihres Lebens zurück denkt.

Hitler habe, so die Pastorin weiter, den Menschen beispielsweise durch den Autobahnbau Arbeit gegeben und so Vertrauen zur Bevölkerung aufgebaut. In Wirklichkeit aber sei dies alles nur Mittel zum Zweck gewesen, um den Krieg vorzubereiten. Er habe Millionen von Menschen in die Irre geführt und die seien ihm nachgelaufen wie die Schafe in der Herde. Gott galt damals weniger als dieser Mann. Aber, wo Hochmut den Menschen beherrsche und Gott verdrängt und beiseite geschoben werde, da tun sich die Menschen leicht mit dem töten. Denn sie hätten sich vor niemanden mehr zu rechtfertigen.

Die Ansprache seitens des VdK zum Volkstrauertag hielt Vorstandsmitglied Dietmar Klausenburger. Er wies darauf hin, dass in diesem Jahr erstmals wieder die Kranzniederlegung am Löwen-Denkmal stattfinde. Zur Geschichte dieses Denkmals durfte er auf das Archiv des Semder Heimatvereins zurückgreifen. Im Mai 1924 sei der Bau eines Denkmals vom damaligen Bürgermeister Heil angeregt worden. Der Groß-Zimmerner Steinmetz Georg Friedhelm Friedrich habe das Löwen-Denkmal schließlich für 500 Mark angefertigt und am 29. Juni 1924 eingeweiht. Die Feierlichkeiten wurden von Barbier Johannes Pullmann mit der Trompete begleitet.

Anschließend gedachte Klausenburger, gemeinsam mit der Kirchengemeinde, den Opfern von Gewalt und den über 60 Millionen Toten der beiden Weltkriege. Den so genannten Glaubenskriegern und weiteren Fantasten legte er ans Herz ihre blutigen „Glaubenskriege“ endlich zu beenden. Zuvor hatte er noch die Arbeit des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge gewürdigt, wo sich oftmals auch junge Menschen engagieren würden. Das sei, so das VdK-Vorstandsmitglied, eine Versöhnung über die Gräber hinweg und zugleich aktive Arbeit für den Frieden. Danach kam es zur Kranzniederlegung am Ehrenmal im Kirchengarten, an dem alle Gottesdienstbesucher teilnahmen. Begleitet wurde dieser feierliche Akt vom getragenen Spiel von Mitgliedern des Musikvereins Semd.