Gut 2 Jahre ist es her, als die Semmer Bürger GmbH das Wohn- und Geschäftshaus von Gerlinde und Klaus Georg übernommen hat, mit dem Ziel die örtliche Nahversorgung mit Lebensmittel zu sichern. Das Projekt entstand damals hauptsächlich auch durch viele Gespräche zwischen dem damaligen Markt-Inhaber Markus Tempir und Karlheinz Müller. Die Zusammenarbeit mit ihm war eigentlich viel langfristiger geplant, so Müller. Markus Tempir bekam aber schon Mitte 2014 von REWE die Übernahme eines größeren Marktes angeboten, was er auch annahm. So dauerte die „langfristige“ Zusammenarbeit gerade mal 10 Monate.
Helmut Lutz, der schon eine Zeit vorher bei Markus Tempir arbeitete, übernahm am 01.11.2014 den Markt als Nachmieter. Die Semmer Bürger GmbH übernahmen von Markus Tempir das Inventar, investierte in neue Kühlregale um Energiekosten zu senken und vermietete dieses Inventar an Helmut Lutz, damit dessen finanzieller Aufwand für den Anfang nicht ganz so groß war. Schließlich war die GmbH froh, dass ein schneller, nahtloser Übergang gefunden werden konnte. Zumal ja auch der Umbau für die Sparkasse anstand.
Seit 01.09.2015 ist die neue Sparkassen-Geschäftsstelle in Betrieb. Die Sparkasse sei mit der Kundenfrequenz hoch zufrieden und auch einige Sparkassenkunden finden dadurch den Weg in den Markt. Die Raumgestaltung der Sparkasse, die von der Sparkasse ja selbst geplant wurde, findet zwar bei deren Kundschaft nicht unbedingt volle Zustimmung, liegt aber in der Zuständigkeit der Sparkasse. Die Vermietung an die Sparkasse, das wurde von Müller ausdrücklich betont, hat die Semmer Bürger GmbH finanziell lediglich in die Lage versetzt, die Unterstützung der Marktes weiterhin zu sichern. Mehr nicht!
Anfang November letzten Jahres äußerte sich dann Helmut Lutz gegenüber dem Geschäftsführer Karlheinz Müller dahingehend, dass er den Markt aus verschiedenen Gründen nicht mehr weiterführen wolle. Die Frage stand im Raum: „Zumachen“ und das Projekt „Sicherung der örtlichen Nahversorgung“ für gescheitert zu erklären, oder wie weiter? Um den Markt zu schließen war und ist aber die Semmer Bürger GmbH nicht angetreten! Also Zweiteres! So Müller in seinen Ausführungen. Nach unendlichen von ihm geführten Gesprächen, Diskussionen und finanziellen Überlegungen fassten am 14.01.2014 die Gesellschafter der GmbH den Beschluss, den nahkauf-Markt Semd in Eigenregie weiter zu betreiben. Silke Ratz, die schon bei Helmut Lutz gearbeitet hat, erklärte sich bereit die Position als Marktleiterin zu übernehmen. Damit war dann auch schon gleich die wichtigste Position besetzt. Silke Ratz – für alle die sie nicht näher kennen – ist gelernte Einzelhandelskauffrau, hat eine Ausbildung zur Handelsassistentin absolviert, hat einen IHK-Ausbilderschein der sie zur Ausbildung von Auszubildenden berechtigt, war im IHK-Prüfungsausschuss für den Einzelhandel und war Filialleiterin beim Schuhhaus Dielmann in Darmstadt. Mit Silke Ratz als Marktleiterin, so erläuterte Müller hierzu, habe man eine Mitarbeiterin, die weiß worauf es ankommt, sowohl für die Kundschaft, als auch für die Gesellschaft als Marktinhaber. Sie ist die Anprechpartnerin für die Kunden des „nahkauf Markt Semd“ und wird sich um deren Wünsche kümmern. Auch könne man sie gerne ansprechen, wenn ein Produkt vermisst wird, sie wird versuchen es zu beschaffen.
Getreu dem alten REWE-Slogan „Jeden Tag ein bisschen besser!“ wollen die neuen Marktinhaber zusammen mit dem Personal und der neuen Marktleiterin an deren Spitze, versuchen, dem Lebensmittelmarkt wieder neue Impulse zu geben. Auch wenn trotz allem guten Willen und bester Planung durch Lieferanten-Probleme Rückschläge eingesteckt werden müssen, bestellte Ware einfach nicht geliefert, oder auch statt dem Bestellten etwas ganz anderes kommt. Das komme aber auch in den großen Märkten vor. Nur wegen der Fülle der Produkte fällt es dort nicht ganz so arg auf, so die Erläuterungen von Müller. Bei Obst und Gemüse wurde schon den ersten Schritt zur Verbesserung getan. Die Belieferung erfolgt jetzt neben REWE durch die Fa. Obst-Müller in Griesheim. Damit ist Frische, Qualität, sowie pünktliche und schnelle Lieferung sicher gestellt. Durch guten Service und Freundlichkeit wollen die Betreiber und Marktleitung die Semder Bevölkerung davon überzeugen, dass es Sinn macht hier im Ort einzukaufen. Die meisten Produkte sind nämlich auch gar nicht teurer als in den großen Märkten. Wenn man Fahrzeit und Kraftfahrzeugkosten mitrechnet, schon gar nicht. Außerdem ist der Markt nicht nur Einkaufsmöglichkeit, sondern auch ein Stück Lebensqualität für den Ort. Verschwindet der Markt, kann sich dann noch der Bäcker halten? Wie lange gibt es noch einen Metzger? Die Semder Bevölkerung hat dann kein Ziel mehr in Semd, keinen Treffpunkt mehr, wo man auch mal ein Schwätzchen halten kann. Man wird viel, viel weniger Leute auf der Straße treffen; wo sollen sie auch hin! Dann wird auch Semd den Weg von schon so vielen anderen Dörfern vorher gehen, in denen nichts mehr los ist. Wer will dann noch nach Semd? Wie verhalten sich dann die Grundstückspreise, wenn keiner mehr hier her will? So die mahnenden Worte des Geschäftsführers der Semmer Bürger GmbH.
Hiltrud Ruppert hat im letzten Gemeindebrief einen sehr aufrüttelnden Leserbrief geschrieben, besser konnte man die Situation nicht beschreiben. Die Semmer selbst müssten handeln! Denn sie tun es für sich und ihr Dorf! betonte Müller. Die Umstädter Politik betone zwar auch immer wieder, wie wichtig ihnen die dörfliche Identität der Stadtteile ist, aber tun, tut sie gar nichts! Es hätte ihn, so Müller, in den vergangenen 2 Jahren noch kein einziger Politiker auf das Projekt „Nahkauf“ angesprochen und mal nachgefragt wie es denn läuft. Er hoffe für den Markt und für Semd, dass der neue und wahrscheinlich letzte Anlauf zur Erhaltung des Lebensmittelmarktes nach dem Motto von unserer Bundeskanzlerin „Angie“: „Wir schaffen das!“ gelingt.
Ortsvorsteher Dieter Ohl machte in seiner Ansprache deutlich, dass es ziemlich einzigartig in der Region sei, dass eine Bürgergemeinschaft sich so nachhaltig für ihr Dorf einsetze, um es infrastrukturell am Leben zu erhalten. Das sollten die Bürger dadurch honorieren, dass sie noch mehr als seither hier ihren zentralen Einkaufsgewohnheiten nachgehen. Dann bleibe Semd auch weiterhin ein ebenso lebens- wie liebenswerter Ort.
Pastorin Bettina von Bremen unterstützte diese Aussage und meinte ebenfalls, um die Lebensqualität im Ort zu erhalten sollten viele den Markt durch ihre Einkäufe unterstützen. Zudem könnten die Semmer hier ihren Mitmenschen begegnen, mal ein Schwätzchen halten, Neues erfahren und außerdem durch den Vorort-Einkauf auch noch Geld sparen. Abschließen möchte sie mit den Worten aus dem Alten Testament: „Sucht das Beste für unser Dorf, denn wenn’s dem Dorf wohl geht, so geht’s auch euch wohl!“
Karlheinz Müller