In Semd beendete der Schinderhannes seine Laufbahn als Räuberhauptmann

Der vermutlich letzte Diebstahl

Schinderhannes verübte zusammen mit dem Allenbacher Peter in der Nacht des Samstags nach Ostern 1802 ( 24./25. April) lediglich noch einen einzelnen Pferdediebstahl in Hundsbach.

Die beiden Diebe wollten zunächst mit einem Pflugschar das Tor zum Stall eines Bauern sprengen, was aber scheiterte. Stattdessen schlüpften sie durch ein Loch in der Scheune und öffneten einfach von innen die Stalltür. Schinderhannes ritt mit diesem Pferd nach Eckelsheim und überließ es dort vorübergehend, wie schon bei anderem Diebesgut, einem ortsansässigen Samenhändler. Einige Tage später spannte der Samenhändler das Pferd vor seinen eigenen Verkaufswagen und brachte es, vermutlich für eine entsprechend gute Entlohnung, auf diese Weise ganz unauffällig bei Hamm über den Rhein nach Klein-Rohrheim – und damit auch über die französische Grenze. Der Schinderhannes war inzwischen bereits zu Fuß dorthin vorausgegangen. Er beschloss hier wahrscheinlich endgültig seine Flucht aus „Neu-Frankreich“, denn auch seine Geliebte, Julia Bläsius, hatte schon im Dezember 1800 den Rhein letztmals überquert.

Während seiner eiligen Flucht über Eckelsheim und Hamm waren dem Schinderhannes im ganzen Département mehrere Polizeiagenten sehr heiß auf der Spur und er entkam, fast wie durch Zufall, nur ganz knapp einer Festnahme. Zumindest erwecken die Berichte der Polizeiagenten diesen Eindruck, die an mehren Orten gerade ankamen, als diese der Hannes kurz zuvor verlassen hatte.

Die letzten Tage in Semd

Als Schinderhannes am Mittwoch, den 28. April in Semd ankam, übernachteten er und seine Begleiter zunächst in der Scheune eines Bauern namens Knell. Am nächsten Tag stellte Bückler ein weiteres Mal in der Mühle von Semd das gestohlenes Pferd unter, bis es ihm kurz darauf „ein Jude namens Jekuf“ (Jakob) von Dieburg abkaufte, vermutlich ein Pferdehändler und Hehler.

Auch Anfang Mai 1802 hielt sich der Schinderhannes noch einmal einige Tage lang in Semd auf, wobei er nach seiner Aussage im Gasthof zum Engel logiert haben will. Wahrscheinlich ebenfalls in diesem Gasthof, kam es während dieser Zeit mit Johann Adam Heusner zu einer wüsten Schlägerei, in der Heusner von Schinderhannes brutal verprügelt worden sein soll. Noch acht Jahre später war Heusner in seinem Verhör deshalb nicht gut auf den Schinderhannes zu sprechen. Im Gasthof zum Engel traf sich Schinderhannes vermutlich auch mit Julia Bläsius, bevor sie ihren Krämerwagen, der in der Hasenmühle in der Nähe von Eppstein im Taunus abgestellt war, abholten.

Ob der Schinderhannes nach seiner Flucht aus dem Nordpfälzer Bergland Ende April 1802 über den Rhein noch einmal vorhatte, in den Hunsrück zurückzukehren, kann natürlich heute nicht mehr gesagt werden. Von Semd aus war er wieder als Krämer Jakob Ofenloch auf der rechten Rheinseite unterwegs.

Die Verhaftung des Schinderhannes

Am 15. Mai 1802 fuhren sie nach Wolfenhausen bei Weilburg, da dort bald Jahrmarkt sein sollte und wurden dabei von einer Polizeistreife angehalten. Aber ihre Pässe waren abgelaufen, bzw. sie besaßen überhaupt keinen Pass. Da weiter nichts gegen sie vorzuliegen schien, wurden sie mit mahnenden Worten aus der Grafschaft ausgewiesen. Man drohte ihnen jedoch, dass sie augenblicklich verhaftet würden, falls sie sich noch einmal in der Grafschaft blicken lassen sollten.

Was auch immer der Grund war, nur 14 Tage später wieder nach Wolfenhausen zu kommen, es war unüberlegt. Am 31. Mai kam ihnen dann genau die Patrouille entgegen, die sie 14 Tage vorher schon angehalten hatte. Eine weitere Flucht des Schinderhannes schien zwar erneut zu gelingen, aber nach nur wenigen Kilometern lief er einer anderen Streife in die Hände.

Während der anschließenden Vernehmung sagte „Jakob Ofenloch“, dass er gar nicht „Jakob Ofenloch“, sondern Jakob Schweikard heiße. Er sei auf dem Weg nach Limburg gewesen, um sich dort bei den kaiserlichen Soldaten zu bewerben. Durch den Verrat eines früheren Komplizen, der noch eine Rechnung mit dem Schinderhannes offen hatte, erfolgte jedoch die Entlarvung als Räuber. Dies war der Anfang vom Ende des Schinderhannes, der nach Frankfurt am Main gebracht, an Frankreich ausgeliefert und am 21. November 1803 in Mainz hingerichtet wurde.


Karlheinz Müller

Quelle: Schinderhannes-Chronik und –Ortslexikon von Dr. Peter Bayerlein, Verlag Ernst Probst Main-Kostheim 2003