(KHM) Unter Führung von Karlheinz Müller und Christoph Ohl von den Semder Heimatkundlern unternahm die 3. und 4. Klasse der Landrat-Gruber-Schule im Rahmen des Sachunterrichts mit dem Thema „Unser Heimatdorf“ einen geschichtsbezogenen Rundgang innerhalb des alten Semder Ortskerns.
Die Route führte von der Schule aus zu dem freien Platz in der Groß-Umstädter Straße an dem früher das Anwesen von Schreinermeister Georg Storck (de Sturkeschreuner) stand. Hier erfuhren die Kinder auch warum diese Straße für die Semder „es Eck“ ist. Anhand von alten Fotos, die Karlheinz Müller dabei hatte, konnten die Kinder sehen, wie es hier (dies gilt auch für die noch folgenden Punkte) früher aussah.
In unmittelbarer Nähe von diesem Platz befand sich auch der „Schulburn“ (-brunnen). Gar nicht vorstellen konnte man sich, dass in Semd erst 1952 Wasserleitungen verlegt wurden und bis dahin die Wasserversorgung aus öffentlichen Brunnen erfolgte, von denen es in jeder damaligen Straße mindestens einen gab.
Weiter ging es dann über die Friedens- und Rebenstraße zur Hügelstraße. Prima rodeln konnte man hier, als die Häuser noch nicht standen. Zu dieser Zeit war der Stielpfad die direkte Verbindung vom „Eck“ zur Oberendstraße. Um 1800, als man noch an Hexen und Zauberer glaubte, war die „Styel“ den Semdern nicht geheuer. Es „wewwerte“ , wenn der Wind durch die Bäume und Sträucher wehte und nach Regenschauern die Blätter im Mondlicht glänzten.
Vom „Owwerenn“ ging's weiter unter Hinweisen auf frühere Gasthäuser und Specereikrämereien durch die „Miehlgasse“ zur Obermühle. Bereits 1580 wurde der damalige Obermüller urkundlich erwähnt. Hellhörig wurden die Schüler, als sie erfuhren, dass hier der berühmte Räuberhauptmann Schinderhannes etliche gestohlene Pferde verkauft hat. Viele Fragen waren hierzu zu beantworten.
Von der Obermühle führte der weitere Weg über den K.-Schumacher-Ring durch's „Gässje“ zum früheren Dorfzentrum, heutige Grafenstraße / Ecke Heinrichstraße.
Hier stand nicht nur die Schule, später als Rathaus und heute als Kindergarten genutzt, sondern es gab auch 3 Gastwirtschaften, das Gasthaus „Zur Harmonie“, Gasthaus „Zur Republik“ (später „Zum Saalbau“, hier war auch ein Tanzsaal und Kino untergebracht) und das aus der Schinderhannes-Zeit berühmte Gasthaus „Zum Engel“. Um 1900 bestand das Gasthaus „Zum Engel“ nicht mehr und es war in dem Gebäude die „Großherzogliche Bürgermeisterei Semd“ sowie eine Poststelle untergebracht.
Interessant war hier vor allem aber auch, dass die Grafenstraße wohl ihren Namen daher hat, dass hier die Grafen von Katzenellenbogen noch Besitztümer hatten, für die es sogar ein eigenes Gericht gab. Außerdem hatten die Bewohner eines „Grävenhauses“ oder „Grävenplatzes“ in der „Grewegasse“ noch einen Sonderstatus, der sie damals von dem „Blutzoll“ bzw. Kleinen Zehnt befreite.
Über einen Abstecher in die „Kirchgasse“ zur Semder Kirche und einigen Erläuterungen zu dieser, ging's nun in die „Beschgasse“. Viel zu erzählen gab es auch hier. So z.B., dass Semd wegen der 13 Brücken die über den Bachlauf führten, auch „Klein-Venedig“ genannt wurde. Oder, dass der damals unbefestigte „Bürgersteig“ als Spielplatz und besonders zum „Kliggern“ benutzt wurde.
In der Beschgasse, an der Stelle des heutigen Feuerwehrhausplatzes, befand sich früher auch das Backhaus, „es Bagges“, sowie zeitweise Schule und Rathaus.
Mit einem Hinweis darauf, dass eine ausführliche Beschreibung des Rundgangs im Internet unter www.die-semmer.de abrufbar ist, endete hier dann auch der einmal etwas anders gestaltete Geschichtsunterricht. Die Kinder – und auch die beteiligten Lehrer – freuten sich darüber, sehr viel Interessantes und Wissenswertes über Semd erfahren zu haben.
Karlheinz Müller